Montag, 24. September 2012

Das „Nichts – Weiter – Prinzip“ (Teil 3)



Das „Nichts – Weiter – Prinzip“ (Teil 3)

Wieder beginnt der Tag mit dem Wecker.  Routiniert schaltet sie ihn ab. Routiniert setzt sie sich auf. Routiniert streckt sie sich. Routiniert bleibt sie müde, obwohl es mehr als 9 Stunden Schlaf waren.
Der allmorgendliche Gang, ebenso routiniert wie die allmorgendliche Erweckung des Sohnes.  Auch er ist routiniert übermüdet. Obwohl es mehr als 10 Stunden Schlaf für ihn gab. Kaffee kochen, Schulbrot machen, Frühstück für den Kleinen.  Alles routiniert, alles normal. Kein Lachen am Tisch, nur schläfriges taumeln und müde Blicke. Zerknirschte Bewegung und gedrückte Haltung. Nicht einmal ein Lächeln.
Nichts weiter in dieser Woche. Nur das übliche Spiel. Stunden bekämpfen, Stunden überstehen. Den Abend erwarten und froh sein, wenn die Müdigkeit zu ihrem Recht gelangt. Wenn die Besinnungslosigkeit der Dunkelheit alles in unerkannte Schwärze taucht. Hauptsache die Träume bleiben aus. Hauptsache, man wird nicht in der Nacht wach. Dann ist es schlimm am Tag. Dann ist es kaum auszuhalten.

Ihr Sohn ist auf dem Weg zur Schule. Die Wohnung leer und wie verlassen. Dennoch erleichtertes auf atmen, denn immerhin ist er auf dem Weg.
Alle sind auf dem Weg. Sagen die Leute, aber das ist Blödsinn. Niemand ist auf irgendeinem Weg. Das ist nur eine Metapher. Ein romantischer Euphemismus, der den unausweichlichen Schmerz verschleiern soll. Der in trügerischer Absicht zur Gleichschaltung aufruft. Damit man sich nicht wehrt. Damit man nicht nachdenkt.
Der Weg ist das Ziel. Ein schöner Satz. Ein schöner aber schwachsinniger Satz. Ein weiterer Euphemismus für spirituelle Glücksromantiker auf dem Weg zum Tod. Das Universum als Ganzes. Schwachsinn! Das Universum ist ein Vieles und kein Ganzes, sagt sie sich und trinkt ihren Kaffee. Und wenn ein Vieles wegfällt, interessiert das keinen. Niemanden. Dann ist eben Nichts weiter. Nichts weiter als jenes, was übrig bleibt. Im Universum zumeist einfach nur kalte, ewige, schwarze Stille.  Eine Winter Nacht mit tausenden glänzenden Fragmenten und alles steht für sich. Allein.

Ihr Sohn soll davon aber nichts wissen. Besser er glaubt ebenso an offene Wege. An die Welt eben, die sich immer wunderbar und schön zeigt, selbst wenn es tödlich ist. Ihren Glauben an die Welt hat sie längst aufgegeben. Kämpft um den Erhalt des Lebens so lange es zu erhalten ist. Nützlichkeiten bestimmen den Alltag. Alltag ist das Leben. Schmerz und Trauer, Verlust und sinnloser Kampf um Geborgenheit in einem schwarzen Raum.
Alles Routine und Nichts weiter.

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