arges macht lustig
Mit Hilfe eines sachlichen, sehr unpersönlichen Briefes ließ man mich wissen, dass ich einer Maßnahme zugewiesen
wurde. Ich hab mich riesig gefreut und mich schon lange gefragt, wann
ich endlich auch mal dran bin. Ich glaubte schon fast, die ARGE läßt mich nicht, weil ich so fürchterlich unangepasst bin
und immer so große Rosinen im Kopf habe. Das hat mir schon mein
ganzes Leben lang Probleme gemacht. Vielleicht ist das ja sogar eine
Krankheit von der man nur noch nicht weiß, wie sie eigentlich heißt
und wo sie herkommt. Vielleicht bin ich auch einfach nur verbogen und
verzogen, weil ich doch in der DDR groß wurde und das damals alles
ganz anders war und so fürchterlich und so durchsetzt von Ideologie.
Darum bin ich sehr
glücklich, dass sich unsere heutige Regierung an den guten, alten
Wirtschaftswunderzeiten orientiert. Da war nämlich alles besser.
Aber leider sind heute so viele Menschen ganz schlimme Individuen und dabei auch noch so schrecklich dekadent. Und das ist wirklich katastrophal, weil es Deutschland im ganzen doch gut geht. Da fragt man sich doch wirklich, was die hier wollen und wieso es die hier überhaupt noch gibt? Zum Glück hat unsere taffe Bundesregierung einen sehr seriösen Plan.
Die führt uns mit eiserner Härte und wohl durchdachten Förder- und Qualifizierungsmaßnahmen in eine bessere Zukunft. Frei von
Arbeitslosigkeit, Armut und sozialen Schmarotzern.
Darum habe ich mich riesig gefreut.
Bildung und Qualifizierungen kann man ja nie genug haben. Das ist die Zukunft Deutschlands und natürlich will ich auch einen Teil davon. Ich bin ja auch nicht so eine, die immer nur faul herum sitzt und gar
nichts für die Gesellschaft tun will. Nein, ich bin anders als die anderen
und eine braver Bürgerin, die immer lieb ist und das tut, was von
ihr verlangt wird. Da macht es mir auch gar nichts aus zuzugeben,
dass ich nicht weiß, wozu diese Maßnahme gut ist. Weil, dass muss ich
schließlich nicht wirklich wissen. Gesetze müssen nur eingehalten werden.
Das ist gut genug für die Demokratie und Freiheit in diesem Land. Mehr brauchts doch nicht, oder? Denn wenn alle so wären, dann gäbe es ja auch diese Probleme nicht, stimmts?
Also bin ich da freudig hingegangen und
habe gleich bemerkt, dass es da so ein paar Leute gibt, die das
überhaupt nicht so sehen wie ich. Die sind ganz schön durch den
Wind und der eine schien mir sogar richtig krank zu sein. Also nicht
so eine verrückte Krankheit wie ich sie habe sondern eine richtig
schlimme. So eine, wo man nicht mehr richtig laufen und atmen kann.
Das tut mir dann immer ein bisschen leid, weil die haben es ja
doppelt schwer. Da ist es wohl ganz gut, wenn sie mal zu anderen
Verlierern kommen müssen und sehen müssen, was denen so droht und wohin der verschwenderische Lebensstil uns hinführt. Dann sehen vielleicht auch einige, dass es ihnen selbst ganz genauso geht wie Deutschland. Nämlich, dass es ihnen doch noch viel besser gehen könnte, wenn alle aufhören würden so herum zu schmarotzen. Also ohne die, würde es uns doch allen viel, viel besser gehen?
Na jedenfalls war dieses Treffen wirklich sehr lehrreich. Und nachdem wir ausgiebig darüber belehrt wurden, was wir nicht tun dürfen und wozu wir verpflichtet sind, bekamen wir auch erzählt wann es so richtig losgeht. Später gab es auch eine kleine Führung durch die Räume. Und ich habe mir alles ganz genau aufgeschrieben und werde da auch immer hingehen, mit Freude und Elan und viel, viel Hoffnung auf bessere Zeiten. Ich bin nämlich nicht so ein
Volltrottel, wie die anderen und lass mir 30% von dem wenigen Überlebensgeld kürzen. Die
vier Stunden in der Woche sitze ich doch mit der halben Arschbacke
locker ab und habe dabei sogar noch genug Zeit um mich um´s Geldverdienen zu kümmern. Bleibt nur zu hoffen, dass ich bald auch so bezahlt werde, wie ich es eigentlich verdiene. Dann kann mir die ARGE den Buckel runter rutschen. Wie schön, dass sie mir dabei so richtig unter die Arme greift und genug Geld in gute Ausbildung und Weiterbildung fließt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen