der 2. Tag einer Maßnahme
Wenn Dir das Leben zeigt, was so alles
schief gehen kann, rennen die meisten panisch nach Hause oder
irgendwo anders hin, wo sie Ruhe davor haben. Nur blöd, wenn man
nicht rennen darf, weil das Unglück einem sonst das Essensgeld
kürzt. Also blieb ich da. In Erwartung die schlimmsten Dinge zu
sehen, die das Unglück an diesem Tag aus dem Hut zaubern konnte.
Und es war schrecklich! Ganz
fürchterlich schrecklich!
Tische waren zusammengeschoben worden
und Geschirr stand darauf. Eine schier unüberblickbare Masse an
Kuchen, Törtchen und Keksen blickte mich mit bunten
Zuckerstreuselaugen auf Schokoladenglasur an. Selbst die
Papierservietten stierten höhnisch.
„Ätsch, Du bist schon satt!“
Was für ein Alptraum! 2 Stunden sitzen
bei Kaffee und Kuchen und dabei dem Unglück dieser Landen Aug in Aug
gegenüber sitzen, als wäre das normal. Aber ich bin
anpassungsfähig. Auch dem Unglück gegenüber und setze mich also
nach einem tiefen Atemzug hin, gieße mir Kaffee ein und ignoriere
tapfer die wohl gefährlichste Zutat unseres Planeten (den Zucker).
Nach und nach trudelten andere Opfer
ein und auch sie setzten sich scheinbar unbeeindruckt. Kühl griffen
sie zum Kaffee. Einige kümmerten sich dabei um das freche Gebäck,
das an seiner Zahl zwar nicht so schnell abnahm, aber wenigstens
starrten die Törtchen und Minikuchen nicht mehr nur mich an.
Im
Grunde wäre hier der Blog beendet, denn wirklich geschehen ist
eigentlich nichts weiter. Man schwieg sich aus, so weit das möglich
war. Gut zwanzig Menschen saßen da aber niemand wollte was sagen.
Erst als eine junge Dame viel zu spät dazu kam wurde es etwas unterhaltsamer und
ich habe mein Bestes gegeben um ihr bei der Auflockerung unter die
Arme zu greifen. Mein Talent zum Alleinunterhalter ist nun mal nicht
sehr gut ausgeprägt aber mitziehen kann ich. Das Niveau der Scherze
blieb im gesellschaftlichen Rahmen. Es gab die üblichen politischen
Witze und einige lachten wirklich, was mich unheimlich beruhigt hat.
Von Politikverdrossenheit kann jedenfalls keine Rede gewesen sein,
denn auch die aktuellsten Geschehnisse wurden ausgelacht. Zudem lässt
sich feststellen, das jeder der vielen Langzeitarbeitslosen durchaus
in der Lage war manierlich und ohne zu kleckern am Tisch zu
sitzen. Das hätte ich ja nicht gedacht aber echt, ich lüg euch nicht
an. Nur einer ist mir aufgefallen, weil der doch wirklich gelesen
hat. Und zwar die ganze Zeit. Weder das Unglück am Tisch noch die Scherze ließen ihn von seinem treiben absehen. Der las und las und las... . Na, nicht so einen Schinken von Liebe und Krieg oder von Elfen
und Zwergen sondern ein Lehrbuch über Programmierung. Der adrett
aussehende, junge Mann passte da irgendwie gar nicht rein. Und die
Frage verfolgt mich seit dem wie ein von Hand aufgezogener Unglücksrabe. Was hat so einer bei den Trotteln und
Verlierern zu suchen?
Aber das bekomme ich auch noch raus!
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