„Jeder, der aus öffentlichen Mitteln
bezahlt wird, muss für das, was er aus der Gemeinschaft der
Steuerzahler bekommt, eine Gegenleistung bringen.“ Prof. Arnulf
Barin
Ich reihe gerade Perlen aneinander und
lasse mir diesen älteren Satz dabei durch den Kopf gehen. Je mehr Perlen
ihren Platz finden, desto wütender werde ich über diese Aussage.
Vielleicht weil ich ja gerade da sitze, im Grunde ungewollt und etwas
tue, dass ich ebenso gut zu Hause tun könnte, aber vor allem bin ich
wütend, weil der Spruch von einer ganz bestimmten Annahme ausgeht ohne den Hintergrund, den realen Hintergrund von Arbeitslosigkeit zu beleuchten. Aber das ist nicht das einzige:
Grundsätzlich verliert man mit dem
Antrag auf Hartz IV eigentlich all das, was einen zur Gemeinschaft
des mündigen Bürgers zugehörig macht. Abgesehen von den Schmähungen, Beleidigungen und
teilweisen Anfeindungen darf man viele Dinge nicht tun, die einem
„normalen“ Bundesbürger gutes Recht sind. Es beginnt schon
damit, dass man die Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben hat.
Ja, man hat sie zu unterschreiben. Weigerung sinnlos. Selbst wenn man
sich weigert, wird sie einfach per Verwaltungsakt beschlossen und ist trotz Widerspruch oder Protest rechtskräftig. Es
bedarf der Unterschrift im Grunde nicht, auch der Zusammenarbeit des
Fallmanagers mit dem „Kunden“ nicht. Das ist keine Vereinbarung oder ein Vertrag, dass ist ein Zwang, dem ich mich nur entziehen könnte, wenn ich a) auswandere oder b) erst keinen Antrag stelle.
Glücklicherweise arbeiten noch
Menschen beim Jobcenter, so das sich die Eingliederungsvereinbarung
oft in einem netten Rahmen wiederfindet aber das verschleiert nicht,
was per Gesetz fest steht und da hat weder der Fallmanager noch der
Kunde irgendeine Möglichkeit zur Änderung. Gesetz ist Gesetz und
der Zwang in Arbeit zu kommen, welche das auch immer sei, ist groß und alles muss angenommen werden. Ganz gleich ob man es als sinnvoll oder sinnlos betrachtet. Ob es recht oder schlecht bezahlt wird. Alles muss zumindest mal angeschaut werden. Freiwillig ist da nichts.
Von kleineren Maßnahmen bis zum Besuch des Amtsarztes kann alles
vorgeschrieben und gefordert werden und wer der Aufforderung nicht nachkommt, muss
mit Sanktionen rechnen.
Als Teil der Rechtsgemeinschaft begreif ich mich da nur am Anfang, denn kaum ist das Ding in Kraft getreten, befinde ich mich auf dem Niveau eines Dreijährigen Kindes, dass nicht einmal entscheiden darf, wo es sich aufhält.
Ob der Herr Baring das meinte, als er von
Gegenleistungen sprach? Meinte er damit, dass ich einen Antrag
zu stellen habe, falls ich mal die Stadt verlassen will? Das ich eigentlich nicht einmal am Wochenende raus dürfte? Immer verfügbar zu sein habe, also persönlich? Das ich nicht umziehen darf, keiner Maßnahme widersprechen sollte und gefälligts zu tun habe, was man von mir verlangt?
Aber das ist keine Gegenleistung oder? Die vollkommene Aufgabe einiger Grundgesetze ist keine rechte Gegenleistung zum Bezug von Hartz IV, oder?
Hat ja auch keiner was davon. Oder?
Ich komme mir immer vor, als sei ich
Soldat, wenn ich die Eingliederungsvereinbarung lese. Der Befehl
kommt von ganz oben und ist nicht zu diskutieren. Selbst wenn ich den
Befehl aus moralischen oder ethischen Gründen verweigern müsste,
darf ich einfach nicht. Die erschießen mich ja sonst oder stecken mich in den Knast. Außerdem bin ich
ja ein braver „Soldat“ und stolzes Mitglied der Vereinten
Nationen, dass sich für Menschenwürde und den Weltfrieden einsetzt.
Da brauch ich schließlich nicht fragen, ob der Schießbefehl von oben damit
stimmig ist. Der hat es einfach zu sein. Wir gehören doch zu den
Guten!
Ich glaube nicht, das ich als
„Hartzlerin“ tatsächlich irgendein Teil irgendeiner Gemeinschaft sei. Dafür
fehlt es einfach an allen Ecken und Enden. Schon gar nicht bin ich
Teil der Steuergemeinschaft. Als Bezieher ist man eher Teil der
dunklen, dämonischen Macht, welche Niedriglohn in alle Bereiche der
Wirtschaft bringt. Man ist eher der Feind des Lohns und des Gehaltes. Der Geist der
Inflation und des Lohndumpings. Überbringer von Zeitarbeit und Armut auf
allen Seiten. Auch der des Steursäckels. Ein dunkler Reiter der Lohn - Apokalypse, ob man will
oder nicht. Von irgendwas muss der Mensch ja leben, nicht wahr?
Auch von einem 400 Euro Job? Ich könne
ja wenigstens wirtschaften helfen, fordern einige und ich sag, ja
könnte ich schon aber wem helfe ich da wirtschaften?
Herr Baring? Wie war das noch mal mit
Rentenversicherung? Sozialversicherung und so? Hab ich da irgendwas
vielleicht doch falsch verstanden? Ich meine, ich sitze hier, im
Grunde weil ich muss und mache einen Perlenarmband.
Wenn ich also hier sitze, weil ich
sitzen muss und der Steuerzahler zahlt diese Maßnahme, weil er sie
zahlen muss, wem bin ich jetzt eigentlich was schuldig? Im
Grunde, so glaub ich jedenfalls, will das doch eigentlich keiner. Es kommt ja auch nichts dabei heraus. Keine Ausbildung, keine Qualifizierung, kein Nichts. Nun, Perlenzeug kommt raus. Vielleicht wollen Sie ja
eins, so als Gegenleistung für ihre Steuern? Oder wie hätten Sie es denn gerne? Sklave ist man ja schon, da ist der Rest von Selbstwert und Stolz im Grunde total überflüssig. Das finden Sie doch auch, oder?
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